Mitgliederversammlung in Karlsruhe: Appell für mehr Risiko
24. Mai 2017 Die diesjährige Mitgliederversammlung fand am 28. April in Karlsruhe statt. Hauptthema waren die zunehmende Digitalisierung der Finanzwelt und die künftige Ausrichtung Oikocredits. Rund 140 Personen waren gekommen.
„Wir können nicht einfach so weitermachen.“ Dass Oikocredit sich seit nunmehr rund 40 Jahren gut entwickelt und mit meist zweistelligen Zuwachsraten wächst, sei kein Garant für zukünftigen Erfolg, so Thos Gieskes. Der neue Geschäftsführer von Oikocredit International (OI) warb bei der Mitgliederversammlung des Förderkreises in Karlsruhe für eine „leichtfüßige wie professionelle Genossenschaft“, die „risikobereiter“ werden müsse.
Macht digital banking Oikocredit überflüssig?
„Das Umfeld ist stürmischer geworden“, so auch der bisherige Förderkreis-Vorsitzende Dr. Dieter Heidtmann. Oikocredit sei nicht mehr einer von wenigen Pionieren im Mikrofinanzbereich. „Heute ist Mikrofinanz ein Big Business.“ Staatliche wie private Anbieter stehen in direkter Konkurrenz. Dazu komme die Digitalisierung der Finanzwelt, die es Kreditnehmern im globalen Süden ermögliche, in direkten Kontakt mit Kreditgebern im reichen Norden zu treten und es Mittler wie Oikocredit eigentlich nicht mehr brauche. Oder doch?
Risiko mit Partnern teilen
Was macht Oikocredit aus? Was kann die ökumenische Kreditgenossenschaft besser als andere? Antworten auf diese Fragen kamen nicht nur vom Podium, sondern auch aus dem Kreis der Anleger. So stehe im Mittelpunkt der Oikocredit-Arbeit nicht die Vergabe von immer mehr Krediten um jeden Preis. Vielmehr solle nachhaltige Entwicklung gefördert werden, indem die Kreditnehmer als Partner auf Augenhöhe behandelt werden. Dabei habe sich bewährt, die Risiken mit den Partner gemeinsam zu tragen, in deren Knowhow zu investieren und weiterhin auch dort zu investieren, wo es anderen Mikrofinanzinstitutionen zu riskant sei. „Wer soll das machen, wenn nicht wir“, sagte Gieske wörtlich. Risikobereitschaft mache flexibler, so der Geschäftsführer von Oikocredit International, der auch die bisherige Praxis einer nahezu vorhersagbaren Dividende in Höhe von zwei Prozent in Frage stellte.
Philipp Pfäfflin
